Es gehört zum Alltag eines jeden Topvereins, sich eines Trainers zu entledigen, der nicht die Leistung bringt, die von ihm erwartet wird. Der FC Bayern München ist ein Topverein und folgt demnach auch dem eben genannten Prinzip. Eigentlich macht das jeder Klub, der eine glorreiche Tradition hat und „oben“ mitmischen möchte. Trainer werden entlassen, wenn sie die Hoffnungen, die man in sie gesteckt hat, nicht mit Titeln zurückzahlen können. Bevor diese Trainer allerdings „freigesetzt“ werden, wie es so menschenverachtend schön im Jargon der Betriebswirte heißt, müssen sie allerlei besserwisserisches Gerede über sich ergehen lassen, um nicht zu sagen, sich demütigen und teilweise auch aufs Schändlichste beschimpfen lassen.
Das ist im Profi-Fußball nun mal so. Wenn es läuft, glänzen die Augen der Fans und Verantwortlichen und der Trainer wird von den Medien auf einen Sattel gehoben, der goldener kaum sein könnte. Wenn es allerdings nicht so läuft, wie man sich das eigentlich vorgestellt hat, wird schnell die Schuld bei einem Sündenbock gesucht. Dieser Sündenbock muss dann für die Misere büßen, und dieser Sündenbock ist in den allermeisten Fällen derjenige, der gemeinhin die Hauptverantwortung für die spielerische Klasse einer Fußball-Mannschaft trägt: der Trainer.
Beim FC Bayern München, dem Topverein von der Isar und uneinholbaren deutschen Rekordmeister, ist es in den letzten Wochen und Monaten auch nicht so gelaufen, wie die Vereinsbosse, Medien und Fans sich das vor der Saison 2009/2010 eigentlich erhofft hatten. In der Champions League müssen die einstmals gefürchteten Roten um den Einzug in das Achtelfinale bangen, in der Tabelle der Fußball Bundesliga sieht es ebenfalls alles andere als rosig aus. Auf dem 7. Platz vegetiert momentan der FC Bayern Müchen, hinter aufstrebenden Mannschaften wie Bayer Leverkusen, Werder Bremen, Schalke 04, und hinter dem Aufsteiger und Karnevalsverein FSV Mainz 05. Nun braucht die Misere ein Gesicht. Das des glücklosen Bayern-Coaches Louis van Gaal.
Galgenfrist für Louis van Gaal
Die Ergebnisse stimmen nicht beim FC Bayern München, das ist nicht von der Hand zu weisen. Bleibt auch in der Zukunft die erhoffte Kehrtwende aus, schlittert der Dauerabonnent auf die Deutsche Meisterschaft ins graue Mittelmaß. Das kann freilich nicht zufriedenstellend sein für einen Verein, der 21 nationale Meistertitel gewonnen und im Sommer zig Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben hat. Allein Mario Gomez hat über 30 Millionen Euro gekostet. Das gebracht, wofür ihn Hoeneß an die Isar geholt hat, hat der Stürmer bislang allerdings nicht. Die Leistung von Mario Gomez reichte oft nicht einmal aus für das Startaufgebot, so sah das zumindest der in die Kritik und unter enormen Druck geratene Trainer Louis van Gaal. Eine Jobgarantie habe Uli Hoeneß dem autoritär auftretenden Holländer gegeben. Keiner weiß, wie lange diese Garantie währen wird. Spötter meinen, Jobgarantie sei nichts anderes als der euphemistische Ausdruck für die Galgenfrist, die die Bayern-Bosse Louis van Gaal gesetzt haben.
Am Mittwochabend spielen die Bayern zu Hause gegen Maccabi Haifa. Sollte bei diesem Spiel kein Sieg herausspringen, ist die Jobgarantie wohl Geschichte und Louis van Gaal wird seine Koffer packen müssen. Gewinnen die Bayern und wahrt der Rekordmeister seine letzte Chance zum Einzug ins Achtelfinale der Champions League, Juventus Turin dürfte hierbei nicht über Girondins Bordeaux triumphieren, so wird Louis van Gaal am Wochenende gegen Hannover 96 auf der Trainerbank noch Platz nehmen dürfen. Von Spiel zu Spiel wird sich der holländische Coach hangeln müssen, bleibt einmal der Erfolg aus, ist es auch mit der Beziehung zwischen dem FC Bayern München und dem Trainer Louis van Gaal aus.
Kratzt Louis van Gaal doch noch die Kurve?
Nervenaufreibende Partien werden das für Louis van Gaal sein. Fußballspiele, in denen es für ihn um alles gehen wird. Um seinen Posten und auch um seine Reputation als Toptrainer. Auf der Trainerbank wird ihm bei diesem Spielen wohl nichts anderes übrig bleiben als zu leiden. Gelassen bleiben können in solchen Situation nur die wenigsten. Wird Louis van Gaal die Nerven behalten und die Kehrtwende schaffen? Einfach wird dieses kühne Unterfangen sicherlich nicht sein. Glück wird der bisher glücklose, aber leidgeprüfte Bayern-Trainer sehr gut gebrauchen können, jenen Bayern-Dusel, den viele Anhänger des wankenden FC Bayern München sehnlichst herbeiwünschen und den Louis van Gaal im Verlauf der Saison eigentlich noch nicht hatte.
Mit viel Verletzungspech musste sich der Rekordmeister herumschlagen. Ivica Olic fehlt, Franck Ribery ist dauerverletzt, Arjen Robben ist fast so anfällig wie ein Gebrechlicher mit Glasknochen. Nur wenige Male konnte die Traumflügelzange bestehend aus Franck Ribery und Arjen Robben Zauberfußball attraktivster und modernster Prägung zeigen. Einmal beim 5:1-Auswärtserfolg über Borussia Dortmund im Signal Iduna Park und einmal gegen den VfL Wolfsburg. Das Spiel zwischen dem FC Bayern München und dem amtierenden Deutschen Meister endete nach einem furiosen Spielverlauf mit 3:0 für die Truppe um Louis van Gaal. Hätten die beiden kongenialen Flügelspieler häufiger verletzungsfrei zusammenspielen können, wer weiß, vielleicht würden die Bayern jetzt nicht so tief im Morast stecken. Diese Gedankenspiele sind allerdings sehr hypothetisch und deswegen fehl am Fußballplatz.
Für Louis van Gaal beginnt die Woche der Wahrheit
Die Wahrheit liegt auf dem Fußballplatz und nicht in Hirngespinsten und Phantastereien, die sich um „Hätte, Wenn und Aber“ drehen. Zeigt der FC Bayern München Reaktion und gewinnt er gegen die kommenden Gegner, könnte Louis van Gaal seinen Trainerposten behalten. Verliert seine Mannschaft eine der nächsten Partien, so müsste der Holländer aller Voraussicht nach die Segel streichen. Das wäre dann die bitterste Wahrheit für den Noch-Bayern-Coach Louis van Gaal.