Der VfB Stuttgart kämpfte verbissen und leidenschaftlich und zeigte im richtigen Moment sein bestes Spiel in dieser Saison. Leider reichte es am Ende einer spannungsgeladenen, temporeichen, intensiven Champions-League-Begegnung nicht für die ganz große Sensation, sondern nur für ein 1:1-Unentschieden gegen den großen FC Barcelona. Christian Gross befahl seinen Jüngern, mit Aggressivität, Leidenschaft und Verstand auf das Feld zu gehen, um so dem letztjährigen Champions-League-Sieger und der wohl besten Mannschaft der Welt Paroli zu bieten. Die Stuttgarter taten wie befohlen und heizten den Katalanen ein – und die begeisterten Fans in der ausverkauften Mercedes-Benz-Arena an.
Mit Engagement und Aggressivität
Ich war erstaunt, mit welch großem Kampfgeist und Eifer der VfB Stuttgart insbesondere in der ersten Halbzeit auftrat. Ein wenig baff von dem beherzten und energischen Auftreten der Schwaben war wohl auch der FC Barcelona. Eine gute Offensivaktion folgte der nächsten, der Tabellenneunte der Fußball Bundesliga drückte die Katalanen in die eigene Hälfte. Die meisten Fußballexperten hätten das wohl andersherum erwartet, zumal Barca-Spielmacher Xavi nicht mehr verletzt war und zur Verwunderung vieler doch auf dem Platz stand. Doch Lionel Messi, Andrés Iniesta, Zlatan Ibrahimovic und Co. sahen ab der ersten Minute, wie der VfB Stuttgart mit hohem Engagement und hoher Intensität sein Offensivspiel ankurbelte, und sich eben nicht verhielt wie das ängstliche Kaninchen vor der bissigen Schlange.
Lionel Messi rutscht aus
Die erste gefährliche Aktion des Spiels gehörte zwar den Katalanen, aber danach war eigentlich nur noch der VfB Stuttgart am Drücker. Lionel Messi nutzte in der 5. Minute einen Stellungsfehler von Cristian Molinaro und zog mit seinen schnellen, kleinen Füßen gefährlich in den Stuttgarter Sechzehner. Glücklicherweise hatte das argentinische Wunderkind kein allzu gutes Schuhwerk an; so rutschte der kleine Barca-Spieler mit der Nummer 10 auf dem Rücken nur wenige Meter vor dem Tor von Jens Lehmann aus und war nicht in der Lage, schon in der Anfangsphase die Hoffnung der Stuttgarter auf die große Sensation im Keim zu ersticken.
Cacau erzielt 1:0 für den VfB
Einschüchtern ließen sich die Schwaben nicht von dieser ersten gefährlichen Aktion und den großen Namen der Barca-Spieler. Alexander Hleb und Cristian Molinaro auf links, Stefano Celozzi und Timo Gebhart auf rechts, Christian Träsch und Sami Khedira durch die Mitte nahmen das Heft in die Hand, sorgten für ein Übergewicht im Mittelfeld und versorgten die beiden Stürmer Pavel Pogrebnyak und Cacau mit gefährlichen Anspielen. Eine wunderschöne Kombination führte in der 25. Minute zum verdienten 1:0 für den VfB Stuttgart. Timo Gebhart bediente mit einer Traumflanke Cacau. Der Stuttgarter Stürmer stieg zum Kopfball hoch und nickte den Ball gegen die Laufrichtung von Víctor Valdés ins Tor.
Torausbeute mangelhaft!
Nach diesem Führungstreffer ruhten sich die Schwaben keineswegs aus, sondern brannten nun erst recht ein wahres Feuerwerk ab. Eine Vielzahl von enorm guten Möglichkeiten spielte sich die stark auftrumpfende Truppe von Christian Gross heraus: Cacau tauchte sowohl in der 31. als auch in der 33. sehr gefährlich vor Víctor Valdés auf, war aber leider nicht in der Lage, die Führung auszubauen. In der 36. Minute spielte Alexander Hleb den Ball mustergültig zu Christian Träsch. Der traf den Ball aber nicht richtig und versiebte auf diese Weise eine weitere gute Torchance. Das einzige, was man dem VfB Stuttgart in dieser Drangphase vorwerfen konnte, war die schlechte Torausbeute. Man hätte sich bereits denken können, dass sich die unbefriedigende Chancenverwertung irgendwann auch rächen würde.
Lionel Messi trifft nur den Pfosten
Bereits in der 40. Minute hätte Lionel Messi das 1:1 erzielen und den Stuttgartern damit einen großen Dämpfer erteilen können. Mit einer perfekten Schusstechnik zog er einfach mal ab und brachte so Jens Lehmann in arge Nöte. Der VfB-Keeper konnte den Ball nicht festhalten, wehrte ihn aber dennoch so ab, dass er nicht ins Tor, sondern nur an den Pfosten ging. Das Glück in dieser Situation hatten sich die tüchtigen Schwaben erzwungen. Im Gegenzug vergab Pavel Pogrebnyak die nächste Großchance zum 2:0. Er versuchte das runde Leder durch die Beine von Víctor Valdés zu spielen. Der bärenstarke Tormann ließ dies aber nicht mit sich machen, Barca konnte sich bei seinem Keeper bedanken, dass es zur Pause nur 0:1 stand.
Zlatan Ibrahimovic erzielt Ausgleich
Nach der Pause merkte man, dass die erste Halbzeit sehr viel Kraft gekostet hatte, die Schwaben nahmen zunächst einmal das Tempo raus. Dies bot den Katalanen die Möglichkeit, nun auch mal etwas für die Offensive zu tun. So passierte das, was im Fußball eben passiert, wenn man das Spiel beherrscht, aber hochkarätige Chancen liegen lässt: der FC Barcelona kam vor das Tor und murmelte irgendwie die Kugel in die Maschen. Das war in der 52. Minute: Matthieu Delpierre köpfte eine hohen Ball nicht aus der Gefahrenzone, sondern kerzengerade in den Himmel, Gerard Piqué gewann sein Kopfballduell gegen Serdar Tasci und beförderte den Ball zu Zlatan Ibrahimovic. Bei seinem ersten Schussversuch scheiterte der hünenhafte schwedische Nationalspieler zwar noch an Jens Lehmann, den zweiten Ball verwandelte er aber zum Leidwesen der Stuttgarter zum 1:1.
Chapeau VfB Stuttgart!
Es war ein Schock für den VfB Stuttgart, von dem er sich nicht mehr so recht erholen sollte. Nach dem 1:1 sah man, wie stark der FC Barcelona eigentlich ist. Die Katalanen ließen Ball und Gegner laufen und so gut wie nichts mehr zu. Neben Sami Khediras Schuss in der 63. Minute war Jens Lehmanns Kung-Fu-Einlage gegen Carlos Puyol (die mich irgendwie an eine unvergessliche Aktion seines „Vorbilds“ Oliver Kahn erinnerte) die gefährlichste Szene des VfB in der zweiten Halbzeit. Die große Sensation blieb also aus. Doch Respekt gebührt dem VfB Stuttgart allemal für diese großartige und engagierte Leistung!